Besuch bei Moots Cycles in Steamboat Springs

Wie hatte ich mich auf diesen Tag gefreut! Schon bei der langen Autofahrt nach Steamboat Springs stellte ich mir immer wieder vor, wie es dort wohl aussieht und was mich wohl erwarten würde. Und nun stand ich also da, vor dem Firmensitz von Moots Cycles!

Kurz zurückspulen... Ich fahre seit vielen Jahren ein Moots Compact SL Rennrad, mit welchem ich mir einen Bubentraum erfüllte. Schon immer wollte ich ein Rad aus Titanium und mit dem Moots habe ich mir eine Perle aufgebaut, die ich nie mehr hergeben werde. Im Laufe der Zeit wollte ich wissen, wo mein Rennrad eigentlich herkommt und was für Leute bei Moots arbeiten. Die ersten Kontakte hatte ich schon seit längerem auf der Eurobike Messe geknüpft und der Moots Stand war immer ein Pflichtbesuch für mich. Im September 2017 hatte ich mir noch einen weiteren Traum erfüllt, ich war das erste Mal in Utah mit dem Mountainbike (ein Reisebericht gibt es in diesem Blogbeitrag). Und da Utah der Nachbarstaat von Colorado ist, war klar, was ich am Ende von meinem Trip machen würde. Ein Besuch bei Moots!

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Der Firmensitz von Moots in Steamboat Springs, Colorado

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Das schönste Rennrad der Welt! Mein Moots Compact SL aus dem Jahre 2009.

Türe auf und rein ins Vergnügen! Im Erdgeschoss ist die Produktion, man riecht gleich die Metallverarbeitung. Ein Stockwerk höher befinden sich die Büros. Alles ist offen zugänglich und so schleiche ich mich fast ängstlich durch die Räumlichkeiten. Abgemacht hatte ich mit dem Marketing-Mann Jon Cariveau. Ich schaue mal in jedes Büro rein und werde immer gleich mit einem freundlichen "Hi, how are you doing?!" begrüsst. Jon sitzt in einem kleinem Raum, die Wände komplett tapeziert mit Bikepostern und Kinderzeichnungen. Ich fühlte mich von der ersten Sekunde an wohl bei Moots, hier ist man unter Gleichgesinnten!

Der Firmenbesuch wurde kurz unterbrochen, denn ich bekam die Möglichkeit, um mit einigen Mitarbeitern an einem Lunch Ride teilzunehmen. Es ist eine typische Gravel Road Runde geplant, Fahrzeit ca. 1 Stunde. Ich bekomme ein Moots Routt 45 in der passenden Grösse. Cool, das wollte ich schon immer mal ausprobieren! Zu dritt fahren wir los, zuerst ein kurzes Stück auf der asphaltierten Strasse, bis wir ausserhalb von Steamboat Springs sind und dann biegen wir ein auf eine breite Kiesstrasse. Das ist also das legendäre Gravel Road fahren, wie es die Amerikaner vor einigen Jahren "erfunden" haben. Kein Vergleich zu unseren schmalen Schotterwegen, dieser hier gleicht einer vierspurigen Autostrasse. Das Routt fährt sich super komfortabel, wir haben die normale Rennradgeschwindigkeit und fliegen über kleine Schlaglöcher und heizen mit viel Grip durch die rutschigen Kurven. Geil!

Eindrücklich ist auch die wunderschöne Landschaft, in welche Steamboat Springs eingebettet ist. Die kleine Stadt liegt auf ca. 2000 Metern am Fusse der Rocky Mountains. Es ist ein typischer Wintersportort, viele schicke Läden und nebst Skipisten gibt es auch eine Skisprunganlage und Strecken für Ski-Doos.

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Zuerst mal ein Gravel Ride mit dem Moots Routt 45.

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Eine tolle Landschaft und perfekt für ausgedehnte Gravel Touren.

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Schrei vor Glück!

Nach dem Lunch Ride ging es kurz unter die Dusche und dann weiter zur Betriebsbesichtigung. Wie schon erwähnt, findet alles unter einem Dach statt. Moots beschäftigt 23 Arbeiter, 17 davon in der Produktion und die anderen 6 kümmern sich um Administration, Verkauf, Marketing und Entwicklung. Es werden pro Jahr ca. 1200 Rahmen produziert, im Schnitt 100 Rahmen pro Monat. 15% davon sind Custom-Made, das heisst sie werden auf Kundenwunsch massgeschneidert. Es wird das ganze Jahr geschweisst und ausgeliefert, saisonale Schwankungen kennt man bei Moots nicht.

Angefangen hat die Geschichte von Moots bereits 1981. Die ersten 10 Jahre hat man allerdings nur Räder aus Stahl gebaut. 1990 hat man dann die Vorteile von Titanium entdeckt und seither werden Rennräder und Mountainbikes nur noch aus diesem edlen Material produziert. Eine lebenslange Haltbarkeit und ein zeitloses Design sind wohl die grössten Vorteile gegenüber anderen Werkstoffen. Die Titaniumrohre werden von zwei amerikanischen Firmen hergestellt, man legt viel Wert auf "Made in USA". Sämtliche Rohre und Bauteile werden im Haus verarbeitet (ausser die neuen 3D-Ausfallenden kommen von einer externen Firma aus Oregon).

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Die ersten Moots Rahmen wurden noch aus Stahl gefertigt.

Der erste Arbeitsschritt ist das Zuschneiden und Bohren der einzelnen Rohre. Hier muss sehr exakt gearbeitet werden, die Rohre müssen perfekt aufeinander passen. Die Kettenstreben werden in einer schweren Maschine geschmiedet, damit sie eine konische Form erhalten. Nachhaltigkeit wird bei Moots ebenfalls gross geschrieben. Sämtliches überschüssiges Material wird gesammelt und wieder an den Rohrproduzenten zum Recycling zurückgeschickt.

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Der edle Rohstoff für die schönsten Bikes der Welt!

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Hier werden die Rohre zugeschnitten.

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Die geschnittenen Rohre gemäss Zeichnung.

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Wertvoller Abfall. Das übrige Material wird gesammelt und recycled.

Die fertigen Rohre werden alle zusammengelegt, genau beschriftet und gehen weiter in die Schweisserei. Zuerst werden die Rohre noch in ein Ultraschallbad getaucht. Nur wenn sie komplett öl- und fettfrei sind, kann man sie verarbeiten. Das Schweissen ist wohl die grösste Handwerkskunst an einem Titaniumrahmen. Die Qualität von einem Rahmen wird anhand der Schweissnähte bewertet. Sind diese so perfekt wie bei einem Moots, dann ist der Kunde glücklich und bezahlt auch gerne einen hohen Preis dafür. Die Unterschiede sieht man sofort, wenn man billige Rahmen aus China vergleicht... Bei Moots sind vier Schweisser am Werk, jeder verfügt über jahrelange Erfahrung.

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Die Schweisser am Werk. Hier entsteht Handwerkskunst vom Feinsten!

Das spezielle am Titaniumschweissen ist, dass dieses in einer Umgebung stattfinden muss, wo keine atmosphärischen Gase sind. Normalerweise arbeitet man in komplett geschlossenen Räumen, Moots hat dies aber anders gelöst. Jeder Rahmen wird beim Schweissvorgang mit Argon-Gas gefüllt, so erhält man den gleichen Effekt, es entstehen keine atmosphärischen Gase. Der Rahmen wird zuerst komplett punktuell geschweisst. in einem zweiten Arbeitsgang werden dann die Schweissraupen vollständig platziert. Das Schweissen dauert ca. 3 Stunden pro Rahmen. Die Rahmen sind jetzt immer noch glänzig und haben noch nichts mit der bekannten mattgrauen Oberfläche gemeinsam.

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Das Argon wird während dem Schweissen in den Rahmen gepumpt.

Nach dem Schweissen findet die Qualitätskontrolle statt. Auf einer Lehre wird der komplette Rahmen geprüft und gemessen, um Verformungen festzustellen. Dank der hohen Qualität des Titaniums und der Schweissarbeit sind die Rahmen meistens in einwandfreiem Zustand.

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Fertig geschweisst und bereit für die Kontrolle.

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Prüfung aller Schweissnähte, Winkel und allfälligen Verformungen.

Der letzte Schritt ist die Veredelung. Die Rahmen werden mit viel Polierarbeit behandelt, so entsteht die berühmte und fast unzerstörbare Oberfläche. Danach werden alle Gewinde gefräst und die Rohröffnungen ausgedreht. Tretlager, Steuersatz und Sattelstütze sitzen so perfekt. Nun werden alle Beschriftungen angebracht. Diese sind neuerdings in verschiedenen Farben erhältlich. Auf Wunsch werden sie auch eingelasert oder aus dem Rahmen poliert. Es sind fast alle Wünsche realisierbar. Zum Schluss werden noch Wechselauge, Sattelklemmbride und Kleinteile montiert. Fertig! Pro Tag schaffen die Moots Arbeiter fünf Rahmen. Diese präzise und aufwendige Handarbeit hat ihren Preis, dafür erhält man ein Endprodukt, dass einen ein ganzes Leben begleitet.

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Die fertigen Rahmen mit den verschiedenen Schriftzügen. Ein Traum!

Im Haus werden auch die eigenen Vorbauten, Sattelstützen und sonstige Kleinteile gefertigt. Dafür stehen mehrere Metallverarbeitungsmaschinen zur Verfügung. Zum Teil werden sogar Werkzeuge selber hergestellt, die man extra für die Rahmenproduktion benötigt.

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Metallverarbeitungsmaschine für die Produktion der Kleinteile.

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Die Ausfallenden werden aus dem Vollen gefräst.

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Haufenweise Vorbauklemmungen.

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Auf Wunsch wird das Steuerrohrlogo graviert.

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Die Zukunft. 3D gedruckte Ausfallenden mit Scheibenbremsaufnahme.

Von den Produktionshallen geht es ins erste Obergeschoss, wo die Büroräumlichkeiten sind. Jeder Mitarbeiter hat sein eigenes kleines Büro, die Wege von Raum zu Raum sind nur ein paar Schritte. Es dreht sich alles um Bikes, überall hängen Poster, Bilder und Schriften an den Wänden. Einen kleinen Showroom gibt es ebenfalls, dort sind die wichtigsten Bike, Anbauteile und viele Kleider ausgestellt.

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Im Obergeschoss befindet sich der Showroom.

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Moots Merchandise!

Und nun noch das Beste: Zu oberst im Gebäude gibt es Gästeappartements. Ich konnte also tatsächlich im Moots Gebäude übernachten! Süsse Träume waren garantiert, es schläft sich wunderbar über all diesen schönen Titaniumrahmen!

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Das Gästeappartement oberhalb der Produktion. Es schläft sich super über den Titaniumrahmen!

Am Abend kam ich dann gleich nochmals in den Genuss von einer Ausfahrt. Der Sales-Mann Corey Piscopo fragte mich spontan, ob ich noch Lust auf eine Mountainbike-Tour hätte. Ja klar hatte ich das! Also nochmals in die Kleider stürzen und das nächste Bike schnappen. Dieses Mal bekam ich ein Mountaineer mit 27.5 Plus-Reifen und Softtail-Hinterbau. Wir fuhren auf den nächsten Hügel, welcher voll gespickt ist mit Singletrails. Ganz bis nach oben schafften wir es nicht, da die Sonne schon langsam unterging. Es gab dafür ein paar schöne Erinnerungsfotos zum Abschluss von meiner Reise nach Colorado. Danach ging es ganz amerikanisch zum Pizza essen, wo dann noch zwei Moots Angestellte auftauchten und wir lange miteinander über Trump und die Welt plauderten.

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Abendrunde mit dem Moots Mountaineer auf den Trails oberhalb von Steamboat Springs.

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Trail Dog Rocky war auch dabei!

Das war ein unvergessliches Erlebnis! Bei Moots wird das Radfahren wirklich zu jeder Sekunde gelebt. Genauso, wie ich es selbst auch schon mein ganzes Leben lang mache. Radsport ist Leidenschaft und Emotion und ich bin stolz, dass ich ein Teil von der Moots Familie sein darf!

Informationen:

Moots