Erlebnisbericht Punk Maskara Zürich 2023

Sonntag, 12. März 2023, 11.00 Uhr, Zürcher Albisgüetli, 6 Grad, strömender Regen. Jeder normale Mensch würde jetzt auf dem gemütlichen Sofa verweilen und fernsehen. Wir hingegen haben uns eine Startnummer an den Lenker gezurrt und warten auf den Start vom Punk Maskara. Punk was?

Das Punk Maskara ist eine Rundfahrt auf Rädern (kein Rennen! ;-)), bei der es um Ruhm, Ehre und originelle Sachpreise geht. Es ist der indirekte Nachfolger des legendären Parkmassaker, welches zu Beginn der 2000er Jahre ausgetragen wurde.

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Am 12. März 2023 hiess es wieder Punk Maskara!


Ein kurzer Parkmassaker Rückblick...

Parkmassaker fanden immer im Winter statt. Monatlich wurde eine Rundfahrt organisiert, die Serie bestand aus bis zu vier Rennen. Der Treffpunkt und die genaue Strecke wurden immer kurzfristig bekannt gegeben. Wir trafen uns meistens in einem Park oder auf Brachland irgendwo in Zürich, drehten dort unsere Runden und verschwanden möglichst schnell wieder. Immer unauffällig, um nicht zu viel Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen. In seltenen Fällen schaute doch mal die Polizei vorbei, wir hatten aber nie ernsthaften Ärger zu befürchten. Genau das machte den Reiz an der Sache aus, eine Underground-Rundfahrt mit einem Hauch von Illegalität.

Obwohl es nur um Ruhm und Ehre ging, wurden die Rundfahrten durchaus seriös organisiert. Jede Austragung hatte einen eigenen Namen, es wurde immer eine coole Illustration dafür kreiert und es gab ein Leadertrikot für den Führenden der Serie. Auch bei den Bikes wurde getüftelt. Anfangs standen alle mit einem Mountainbike am Start, bis der Erste mit einem Crossbike antrat und souverän gewann. Da die Strecken bis heute sehr stark an Crossrennen angelehnt sind, war es also nur logisch, dass der Crosser das schnellste Bike ist. Es war auch für mich der Grund, dass ich mir 2006 ein Cyclocrossbike zulegte, um konkurrenzfähig zu bleiben.

Leider wurde das Parkmassaker ein Opfer des eigenen Erfolgs und irgendwann schmissen die ursprünglichen Organisatoren den Bettel hin und es war Schluss. Da gehörte das Parkmassaker aber längst zur Zürcher Velokultur und es musste in irgendeiner Art weitergeführt werden. Da nahm Christoph Vetter vom Flamme Rouge Bikeshop das Zepter in die Hand. Das Parkmassaker wurde zum Punk Maskara umbenannt und findet jetzt noch einmal im Jahr statt.

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Der Le Mans Start ist Kult. Auch heute noch. (Foto: Parkmassaker)

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Zu Beginn startete ich noch mit dem Mountainbike. (Foto: Parkmassaker)

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Legendär! Vom Bunnyhop zum Gabelbruch... (Foto: Parkmassaker)

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Das Crossbike war die richtige Waffe, um schnell zu sein. (Foto: Parkmassaker)

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2006 wie 2023. 1. Reto Wälchli, 2. Ich... (Foto: Parkmassaker)

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Schlechtes Wetter und Parkmassaker gehörten einfach zusammen! (Foto: Parkmassaker)

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Schlammschlachten waren die Regel, nicht die Ausnahme... 

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Hin und wieder durfte ich einen Sieg feiern! (Foto: Parkmassaker)


Bericht Punk Maskara 2023

Nun zurück in die Gegenwart. Leider konnte ich an den letzten Rundfahrten nie teilnehmen, da ich immer mit meinen Fahrtechnikkursen besetzt war. Dieses Jahr hat es endlich wieder gepasst und ich freute mich auf ein Comeback. Schneefall in den Tagen zuvor und Regen bis zum Startschuss sorgten für perfekte Bedingungen... Ich war dann erstaunt, dass sich trotz diesem üblen Wetter 30 Fahrer*innen am Treffpunkt einfanden. Ein bunt gemischter Haufen aus Damen, Herren und Jugendlichen mit ganz vielen unterschiedlichen Arten von Bikes und Outfits. Und es waren jede Menge bekannte Gesichter von früher vor Ort. Einige hatte ich schon seit Jahren nicht mehr gesehen, wir waren aber sofort wieder am Fachsimpeln und lachten über die alten Geschichten. Die Liebe zum Velo hält ewig! Und Einmal Parkmassaker Fahrer, immer Parkmassaker Fahrer!

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Trotz Regenwetter waren erstaunlich viele Teilnehmer*innen am Start.

Rennleiter Christoph begrüsste uns und erzählte nochmals kurz die Geschichte vom Parkmassaker. Dabei stellte sich heraus, dass wir das 20-jährige Jubiläum feiern durften, das erste Massaker war 2003. Und ich war einer der Anwesenden, der schon seit Beginn dabei ist! Es wurde zudem nochmals darauf hingewiesen, dass das kein Rennen, sondern eine Rundfahrt auf Rädern bzw. eine Wanderung ist. Wir liefen dann gemeinsam die Strecke ab, damit wir wussten, wo es überhaupt entlang ging. Es war ein abwechslungsreicher Kurs mit knackigen Anstiegen und Abfahrten, Off-Camber Wiesenpassagen, 50 cm hohen Hürden (selbst für mich zu hoch für einen Bunny Hop mit dem Crosser...), enge Kurven und zwei Treppen, die man zu Fuss nach oben bewältigen musste. Es wurde eine Renndauer von 15 Runden festgelegt. Alle hatten am Lenker ein Rundenband, nach jeder Runde musste man einen kurzen Zwischenstop einlegen und es wurde eine Nummer vom Band abgeschnitten. Wer zuerst auf 15 war hatte gewonnen, ganz einfach.

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Streckenbesichtigung und Taktik ausarbeiten sind ganz wichtig! (Foto: Punk Maskara)

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Die analoge Rundenzählung. Am Ende hatte ich erfolgreich 15 Runden absolviert.

Der Start erfolgte im Le Mans Modus, auch das seit jeher eine Eigenheit der Rundfahrten. Und es ist ein Kaltstart, Aufwärmen gilt nicht. Innerhalb von zwei Minuten brennen die Beine und im Hals kommt der Blutgeschmack nach oben. Wir deponierten unsere Bikes und hatten eine ca. 100 Meter lange Laufstrecke vor uns. Achtung, fertig, los! Ein normaler Le Mans Start wäre natürlich zu langweilig gewesen, deshalb mussten wir zuerst über einen hohen Schotterhaufen klettern, dann die Treppe hinaufrennen, wo wir unser Rad schnappen konnten. Während wir auf den Startschuss warteten, wurden die Bikes noch heimlich umgestellt, was für ein kleines Chaos sorgte. Zum Glück fand ich mein auffällig blaues Rocky Mountain Solo schnell und konnte an Fünfter Stelle auf die erste Runde gehen.

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Pures Chaos bereits beim Start. Das ist Punk Maskara! (Foto: Punk Maskara)

Zuvorderst reihte sich Reto Wächli ein, er ist der King of Parkmassaker. Keiner hatte mehr Rundfahrten gewonnen als er. Schon früher war er mein härtester Gegner, immer wenn er am Start war, wusste ich, dass es für mich schwierig werden würden. Wenn ich mich richtig erinnere, war ich nur ein- oder zweimal schneller als er. Er hat nichts von seiner Klasse eingebüsst, auch heute ist er noch topfit. Und er hat Humor, er trat in einem Frauenkleid an, was ihn aber nicht daran hinderte, uns allen davon zu fahren.

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Reto Wälchli, die schnellste Fahrerin ;-). Gratulation zum Sieg! (Foto: Punk Maskara)

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Das Führungstrio nach den ersten Runden. (Foto: Punk Maskara)

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Mein Rocky Mountain Solo und ich. (Foto: Punk Maskara)

Bis zur Rennhälfte konnten ein Mitstreiter und ich an Reto dranbleiben, dann war er auf einmal weg und nicht mehr einholbar. Ich wusste also, falls er nicht von einem Defekt gebremst wird, wird für mich höchstens der zweite Rang rausschauen. Diesen musste ich aber zuerst einfahren, mein Konkurrent war hartnäckig und wir wechselten uns gegenseitig an der zweiten Position ab. Je länger das Rennen dauerte, desto weicher wurde der Boden. Zum Glück hatte ich in weiser Voraussicht meine Gravelreifen durch Crossreifen ersetzt, damit pflügte ich ganz gut durch den Schlamm.

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Je länger die Rundfahrt, desto tiefer der Boden... (Foto: Punk Maskara)

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Der harte Untergrund war eine willkommene Abwechslung. (Foto: Punk Maskara)

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Fokussiertes Leiden... (Foto: Punk Maskara)

In der drittletzten Runde wurde mein Gegner dann schwächer und ich konnte ihn distanzieren. Jetzt hiess es den zweiten Platz zu verteidigen und sicher ins Ziel zu kommen. Denn von hinten brauste Urgestein Chrigel Braun mit dem E-MTB an. Mehrmals rief er mir zu und ich wusste, dass ich nochmals aufs Gas drücken musste. Von einem E-Biker überholt zu werden, diese Blösse durfte ich mir nicht geben ;-). Nach fast 40 Minuten Fahrzeit konnte ich meinen Vorsprung knapp über die Ziellinie retten. Vizemeister Punk Maskara 2023!

Vielen Dank an Christoph und seine Helfer*innen für die Organisation der Rundfahrt! Es war wieder ein Riesenspass und ich freue mich bereits auf die Ausgabe 2024!!

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Organisator und Speaker Christoph Vetter. Vielen Dank für alles!

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Lecker Kuchen im Ziel! (Foto: Punk Maskara)

punkmaskara2023-5jpgWas sind denn das für Spuren?!

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Die übliche Schweinerei nach einer Rundfahrt...

punkmaskara2023-7jpg40 Minuten fahren, 40 Minuten kärchern...